Montag, 16. Oktober 2017

Köln - Skulpturenpark #9 - Mich wundert, dass ich so fröhlich bin...


Ein Screenshot der Website des Skulpturenparks, der von einer Stiftung getragen wird. ©
Stiftung Skulpturenpark Köln

Auch wenn er - abgesehen von seiner Lage - nicht gerade ein Off-Ort ist, möchten wir uns gerne wieder ausführlicher einem ungewöhnlichem Ort für Kunst in Köln widmen. Denn zum einen wurde die von Chus Martínez kuratierte, 'LA FIN DE BABYLONE - Mich wundert, dass ich so fröhlich bin!' genannte 9. Ausstellung des Kölner Skupturenparks eröffnet.

Zum anderen feiert der wunderbare Park seinen 20. Geburtstag. Daher zuerst einmal herzlichen Glückwunsch! Die von Chus Martinez kuratierte, aktuelle Schau ergänzt die vorhandenen Werke mit Arbeiten von Andrea Büttner, Claudia Comte, Eduardo Navarro, Lin May SaEed, Jan Kiefer, Teresa Solar, Solange Pessoa, Pedro Wirz. Für diese neunte Ausgabe von KölnSkulptur
wurden gleich acht künstlerische Arbeiten neu produziert und die Ausstellung wird von einem jüngst erschienenen Katalog ergänzt. 

Doch bevor wir uns der Schau intensiv widmen und an dieser Stelle auch den SEHR ausführlichen Pressetext einfügen, wollen wir hier folgend ein paar Zeilen zur Institution ergänzen. Die Gründer des Kölner Skulpturenparks sind die Kunstsammler Michael und Eleonore Stoffel, die für das Projekt die Gesellschaft der Freunde des Skulpturenparks Köln e. V. ins Leben gerufen hatten. 

In Kooperation mit der Stadt Köln entstand ein - abgesehen von der Rheinuferstraße - direkt am Rhein gelegener Park, der von der heute sogenannten Stiftung Skulpturenpark Köln betrieben wird. Zunächst leitete Michael Stoffel selbst die Stiftung, bis zu seinem Tode im Jahre 2005. Dann übernahm seine Frau Eleonore Stoffel die Verantwortung, ebenfalls bis zu ihrem Tode im Jahre 2007. 

Basierend auf der Initiative von Michael und Eleonore Stoffel bzw. ihrer Stiftung (Michael und Eleonore Stoffel Stiftung, kurz MES) wurde rasch nach dem Tod der beiden 2008 die Stiftung Skulpturenpark Köln gegründet, um die Leitung des Parks zu übernehmen. Nur den Vorständen der MES ist es zu verdanken, so munkelten damals viele, dass die Skulpturen des Parks in Köln als „ewige“ Dauerleihgabe von der Pinakothek der Moderne in München für Köln erhalten geblieben sind.

Denn viele haben bereits vergessen, dass die prominente, für das Rheinland wie die Kunstgeschichte bedeutsame Sammlung Stoffel aufgrund kölscher Kompetenz aus der Rheinmetropole abwanderte - einige prominente Sammlungen zogen in den letzten Jahrzehnten aus der Domstadt... Die Sammlung wurde von Michael und Eleonore Stoffel innerhalb von rund 30 Jahren zusammengetragen. Sie umfasst rund 200 Werke, darunter sind zahlreiche bedeutende Positionen der deutschen und amerikanischen Kunst der 1960er bis 1990er Jahre. 

Seit 2006 gehören diese Werke als unkündbare Dauerleihgabe zum Bestand der Münchner Pinakothek der Moderne. In München bilden sie einen zentraler Bestandteil der Sammlung und fehlen zugleich der rheinischen Kunstmetropole... Denn in der Sammlung befinden sich zentrale Werke der Kunstgeschichte der 1980er und 1990er Jahre. Auch solche von zentraler Bedeutung für die Entwicklung der Kölner Kunstszene. Also auf nach München...

Jetzt aber zurück zum Skulpturenpark: 1997 wurde als Gelände ein Park mit altem Baumbestand gefunden, eine zuvor brachliegende Grünfläche der Stadt Köln, nahe dem Kölner Zoo, zwischen Zoobrücke und Rhein. Mit dem Umbau zum Skulpturenpark erhielt das Terrain neue Wege, darunter einen Eingang an der Riehler Straße gegenüber vom Kölner Zoo. Und einen zweiten Zugang gibt es vom Konrad-Adenauer-Ufer aus. 

Parkplätze in der Nähe sind ausgewiesen und in der parklounge kann man einkehren, um beim Spaziergangsstudium der zeitgenössischen Kunst im Park auch mal eine Pause einlegen zu können. Der Skulpturenpark ist täglich geöffnet und jetzt kommt das Beste: Der Eintritt ist frei. Nur wer an der Führung am ersten Sonntag im Monat Interesse hat, muss dafür zahlen und dafür sagen wir an dieser Stelle gerne auch mal Danke.

Es ist wirklich schade. Der Abzug der Sammlung Stoffel ist ein nicht mehr zu ersetzender Verlust für Köln. Doch wie sagt man im Rheinland so schön: Mund abwischen und weitermachen...   

Hier folgen nun die Zeilen von Chus Martinez zur Ausstellung:  

'Erinnern Sie sich an die Märchen aus Tausendundeiner Nacht? Seit ihrer Übersetzung durch Antoine Galland aus dem Arabischen ins Französische zu Beginn des 18. Jahrhunderts haben diese Geschichten die Fantasie angeregt. In der Nacht des 8. Mai 1709 vermerkt Galland in seinem Tagebuch eine außergewöhnliche Geschichte, die ihm ein syrischer Kaufmann erzählt hatte: die Geschichte von Aladin und seiner Wunderlampe. Die Nacht damals verlief dramatisch, geprägt von Gewaltaufständen wegen Nahrungsknappheit. Hanna Diyab war ein syrischer Handelsreisender, der just um jene Zeit in Paris eintraf und einige dieser finsteren Nächte in wahrhafte Erzählstunden verwandelte. Auf diese Weise beeinflusste er auch das Schicksal eines Buches – „TausendundeineNacht“ – denn die Geschichten, die er erzählte, wurden der Übersetzung beigefügt und als Literatur zum Welterbe.

Gewiss wäre es unzutreffend, vergliche man die neu entstandenen Arbeiten für die 9. Ausgabe der Ausstellungsreihe KölnSkulptur mit diesen Erzählungen. Doch den Park selbst darf man sich sehr wohl als besonders geeigneten Ort für die Kräfte der Fiktion vorstellen. Gleich der Scheherazade, dieser schlauen jungen Frau, die dem Sultan jede Nacht eine Geschichte erzählt, um zu überleben, so ist auch der Skulpturenpark Köln durch alle seine Ausgaben hindurch diese fortwährende Stimme, die uns die Möglichkeiten in Erinnerung ruft, die wir noch besitzen, um zu überleben – und dies tut durch die Mittel der Kunst. Es erwartet Sie also ein Park voller Dschinns (Genies, Geister). 


All diese Arbeiten haben nichts mit Magie zu tun, dennoch teilen sie gemeinsam die Idee, dass Empfindungen und Sinneseindrücke eine neue Vorstellung von der Welt, in der wir leben, hervorbringen und antreiben. Sie alle wollen Aspekte des Nicht-Menschlichen beleben, Natur, Metall, Holz, Erde – und jede einzelne dieser neuen Arbeiten bezeugt ein Gebiet, das wir mit den Tieren, den Pflanzen oder dem geologischen Leben gemeinsam teilen. Eine solche Übung in der Vermischung von Zonen des Menschlichen mit denen des Nicht-Menschlichen bleibt keineswegs metaphorisch. Sie dient der Auseinandersetzung mit dem Inhumanen, dem Grausamen und mit all den Mitteln und Möglichkeiten, die wir haben, um diese Welt zu vermeiden.

Suchen Sie nach Nüssen, nach Tieren, nach Formen, die mit dem Boden verschmelzen, nach Wüstenpflanzen mitten im Grün, nach freundlichen Zeichen von Wanderern an den Bäumen ... Reiben Sie an dem Park, als wäre er Aladins Wunderlampe und werden Sie selbst zu Dschinns, die sich den Überlebenskriegen zu stellen vermögen, die im Begriff sind, unsere Welt zu verändern.

Der Kölner Skulpturenpark ist in seiner räumlichen Ausdehnung nicht riesig, dennoch besitzt er enorme Bedeutung. Die letzten zwei Jahrzehnte hindurch war er Ort, Schauplatz und Heimat der Werke, die für ihn, für Sie, geschaffen wurden. Der Titel der diesjährigen Ausgabe lautet La Fin de Babylone und bezieht sich auf den Traum eines Neuanfangs der Kultur  und damit der Gesellschaft. Derartiges gibt es nicht – und gibt es doch. Einerseits müssen wir das Leben nehmen wie es ist, die Umstände sind schwer zu verändern und unsere Einflussmöglichkeiten  bleiben beschränkt. 


Es gibt Zeiten, wo wir meinen, in der Vergangenheit sei es besser gewesen, und andere Zeiten, die wir als voller Möglichkeiten und Offenheit begreifen. Den Unterschied zwischen diesen beiden Wahrnehmungen bestimmt die Art und Weise, wie wir unsere vergleichsweise Unwichtigkeit betrachten. Oh! Sie können einwenden, es läge an der Ökonomie. Doch selbst wenn die Wirtschaft floriert, ist nicht garantiert, dass eine soziale Umgebung geschaffen ist, in der wir uns als bedeutsam für andere erfahren, in der wir das Gefühl haben, Einfluss auf die Gemeinschaft nehmen zu können, am Verlauf der Ereignisse teilzuhaben oder diese gar zu feiern ... 

An dieser Stelle biete ich eine totale Übertreibung: Man stelle sich vor, dass die Produktion dieser acht neuen, ortsspezifischen Werke, die sich zu den bereits bestehenden auf diesem Gelände hinzugesellen, der Schlüssel für den Beginn einer neuen Welt ist. Ich fordere Sie daher nicht nur dazu auf, diesen Park zu durchstreifen und die unterschiedlichen Werke zu entdecken, sondern ich wünsche mir, dass Sie deren Existenz als Wunder betrachten, das die Ordnung der Welt beeinflussen kann. Das ist übertrieben, denn so ist Kunst.

Darum zum zweiten Teil des Titels: Mich wundert, dass ich so fröhlich bin! Dieser Satz, voller gesundem Humor, bezieht sich nicht auf uns, sondern auf jene Anstrengungen, die Kunst stets unternimmt, um jedes Mal, wenn sie geschieht, großartig zu sein. Kunst und Künstler_innen sind es, die den Einsatz wagen, die sichtbar werden lassen, dass es tatsächlich wert ist einzugreifen, und die für den Park Beiträge geben, die nicht bloß für ein Stück Land bestimmt sind, sondern für eine ganze Welt. Diese notwendige „Übertreibung“ ist es, die motiviert, über Möglichkeiten der Einflussnahme nachzudenken, was einfach und komplex zugleich ist.

Das mag der Grund dafür sein, dass die unterschiedlichen Arbeiten dieser Ausgabe eher nicht-monumental sind. Sie verkörpern ja bereits den enormen Versuch, die Wirklichkeit zu beeinflussen und uns auf eine Weise zu berühren, in welcher jedes Stückchen Skeptizismus oder Zynismus gegenüber der Bedeutung von Kunst zum Verschwinden gebracht wird. Haben wir uns erst der Last des Zweifels entledigt, werden wir alle eine neue Freude erfahren.

Solange Pessoas Skulpturen sind oftmals in Speckstein ausgeführt, einem sehr metaphorischen Material, das sich dem Wetter, dem Regen, der Sonne, dem Wind öffnet. Spricht man vom Speckstein, spricht man zugleich von Schnitzkunst, vom Material das die Hand führt, vom Willen, die Form im Stein zu finden. Aus Belo Horizonte stammend, fügen diese neuen Arbeiten der Geologie Europas etwas sehr Altes, Delikates hinzu. Dieses in Brasilien reichlich vorhandene Material trägt seine koloniale Verwendung als Straßenbelag mit sich; aber auch ein Kunsthandwerk, wie es in den Abertausenden von Objekten auf den Märkten gefeiert wird. In ihrer Textur stellen diese bildhauerischen Arbeiten zweifellos den größtmöglichen Kontrast zu unserer mitteleuropäischen Natur dar. 


Doch hier, unweit des Rheins, könnte man auf die Idee kommen, diese abstrakten Formen seien von der Natur selbst geschaffen worden, geformt durch Ströme des Wassers. Mit anderen Worten liegt in der Weichheit, Weiße und Formlosigkeit der Arbeiten von Solange Pessoa etwas Anti-Modernes, das einer Tradition von Materialien und Skulpturen entspringt, die – buchstäblich – einer anderen Abstammungslinie folgt und sich auf einen anderen Ursprung bezieht, der weit ab des unsrigen liegt. Sie vermitteln den Eindruck, als habe man sie einst versenkt und gerade wiederentdeckt, als das Wasser zurück gewichen ist …

Unweit von ihnen entfernt müssen wir nach einer Ansammlung von Walnüssen Ausschau halten. Walnüsse! Sie haben einen gegenteiligen Effekt wie die Steine Solanges, denn sie gehören wahrhaftig hierher. Wahrscheinlich deshalb sind sie nun aus Bronze. Eduardo Navarro hat sie hier platziert. So wie man die Statue eines Gründervaters einer Nation auf sein Pferd platziert. Für Bäume oder Eichhörnchen sind sie ein Denkmal – für uns aber auch, denn sie stehen für eine neuartige Weise, die neuen Marksteine zu feiern, die Mensch und Natur verbinden. In diesem Zusammenhang muss ich immer an ein Zitat aus dem Film „Cluny Brown“ (1946) von Ernst Lubitsch denken:
 

„Keiner kann dir sagen, wohin du gehörst. Wo gehörst du hin? Wo immer du glücklich bist. Und Glücklichsein ist eine Frage rein persönlicher Anpassung an deine Umwelt. Da und nur da ist dein Platz und das kannst du am allerbesten selbst beurteilen. Im Central Park zum Beispiel, da füttern manche gerne die Eichhörnchen mit Nüssen, aber wenn jemand Spaß daran hat, die Nüsse mit Eichhörnchen zu füttern, warum denn nicht, wenn es ihn glücklich macht? Wer bin ich, ihm zu sagen: Nüsse an die Eichhörnchen?“

Doch schaut – es gibt noch mehr Nüsse im Park! Nicht weit entfernt von Eduardos Arbeit stoßen Sie auf einen Fuchs. „Thaealab“ heisst Fuchs auf Arabisch. Es ist die Arbeit von Lin May Saeed und ihre Skulptur ist ebenso aus Bronze gefertigt. An dieser Stelle die Bedeutung des Fuchses zu erläutern ist überflüssig. Dieses Tier hat die Wälder und die Erzählungen der Kulturen jahrhundertelang bewohnt und steht zugleich für Natur und Weisheit, wie für die Gefahr und die Herausforderung der Koexistenz zwischen Mensch und Natur. Wie einem Flachrelief entsprungen, hat diese Figur im Park ein neues Leben gefunden und fügt ihm eine in der urbanen Umwelt seltene Dimension hinzu. Er erinnert uns daran, in einer Stadt zu sein, doch er ist auch da, um uns diesen Umstand vergessen zu lassen. Tatsächlich könnte er statt zu den Ausstellungsbesucher_innen auch zu Wanderer_innen sprechen.

Einige Bäume im Park tragen eine Art Behälter. Diese faszinierenden, schmalen Kästen – geschaffen von Jan Kiefer – werden mit Gurten an den Bäumen gehalten, als ob sie zu ihnen gehörten. Und sie haben eine Funktion. Sie enthalten Schnaps. Offensichtlich kann man entlang einiger Gebirgsrouten in den Schweizer Alpen ähnliche Kästen finden, die den Wanderer_innen in diesen Gegenden im Vorbeiziehen etwas Hochprozentiges spenden. Abgesehen von den Annehmlichkeiten, die der Alkohol auf diesen Höhen bietet, sind sie verbindliche Zeichen zwischen den Wanderer_innen. 


Niemals soll eine Flasche leer bleiben, niemals ein Glas schmutzig zurückgelassen werden … Es handelt sich um Wegmarken der Freundschaft, welche die Vorbeikommenden mit all den anderen verbinden und somit eine Gruppe formen. Anders als Likes und Emojis markieren diese Schachteln physisch die Anstrengung, die einem der Berg abverlangt. Hier im Park jedoch führen sie etwas Wildes ein; sie wollen uns die Milde dieses Stücks Land unweit des Rheins vergessen lassen, damit wir uns einen Fluss in den Bergen vorstellen …

Nun zu Wanderer_innen geworden (und nicht mehr bloß Besucher_innen), können wir uns auch noch in Pionier_innen verwandeln, wenn wir die Kakteen von Claudia Comte betrachten. Sie sind makellos und sehen aus, als seien sie einem Western entsprungen. In der Wüste kontrastiert ihre grüne Farbe die trocken sandfarbene, durstige Erde. In Marmor aus dem grünen Gras des Parks emporragend, scheinen sie sich hier sicher zu sein, kein Wasser speichern zu müssen. Die Arbeiten von Claudia bringen ein wenig Pop-Kultur auf das Gelände des Parks. 


Wenn Jan Kiefers Arbeit Höhenlinien in die Fläche des Parks eingezogen hat, so steuern die Arbeiten von Claudia Comte ein „Innen“ im Draussen bei. Ihre Materialität, aber auch ihre Größe und Form erinnern uns für einen Augenblick daran, dass wir uns in einem Inneren, nämlich in einer Kunstinstitution befinden. Möglicherweise sind die Wände weggeflogen, Gras ist aus den Bodenplatten gesprossen, doch es handelt sich hier um eine Galerie oder ein Museum – genauso wie bei jedem anderen Gebäude, das wir errichtet haben, um unser Erbe an Kunstschätzen zu hüten, die Sammlungen, die temporären Interpretationen der Kunst durch Künstler_innen.

Dasselbe ereignet sich bei den Spiegeleiern von Pedro Wirz; sie besitzen etwas Herausforderndes, das damit zu tun hat, wie Kunst oftmals mit der Institution interagiert. Verstehen Sie mich nicht falsch – nicht eine Sekunde lang glaube ich, dass diese Arbeiten Kritik am Skupturenpark üben oder einen institutionellen Freiraum signalisieren. Ganz im Gegenteil, tatsächlich betonen sie den grundlegenden Wandel, dem sich unser institutionelles Leben ausgesetzt sieht, die Einführung neuer Werte, neuer Vorstellungen von Erfahrung, von der Koexistenz mit Natur, Gender und Ethnizität, die unsere kulturellen Kontexte gestalten, und die in den kommenden Jahren noch deutlicher hervortreten werden.

Der Park ist ein klassischer Schauplatz; so wird es uns erzählt, wenn eine riesige und freundlicheSchnecke an einem Abhang auftaucht, um beim Fest dabei zu sein. Teresa Solars Arbeit nimmt sich wahrscheinlich am stärksten der Formlosigkeit an, indem ihre Größe gegenüber allen anderen organischen Formen zur Problematik erhoben wird – mit ihrer Skulptur fast so groß wie ein Baum. Ganz in der Nähe befindet sich eine Schale aus farbigem Beton, die Andrea Büttner als Vogeltränke konzipiert hat.

Dieses Spiel mit Größenordnungen, mit Figuren, mit organischem Leben unterscheidet sich vom modernen Ansatz der Bildhauerei im öffentlichen Raum. Alle Vorhaben haben eine sehr menschliche und tierische Größenordnung. Alle erkennen an, keine Position der Macht innerhalb der Kultur einzunehmen. Sie nehmen sich selbst zurück in ihrer Verkörperung einer Idee von Erfahrung und Emotion, die neue Parameter für die Erwartungen einführt, die wir an Kultur stellen.

Nie zuvor in der Geschichte haben wir so viel in Kulturinstitutionen und -strukturen investiert wie in den letzten Jahrzehnten, doch diese Bemühungen haben dazu geführt, dass unsere Erwartungshaltung gegenüber Kunst, Künstler_innen und Kultur, in unserem sozialen Leben wieder Tugend zu entwickeln, in all ihren Formen gesunken ist. Tugenden sind keine Moralvorstellungen und unterscheiden sich auch von Werten – die von der Industrie und den Bürokraten viel zu oft im Mund geführt werden, um neue Normen einzufordern. Doch nichts wird uns aus heiterem Himmel zufallen wie ein Dschinn, um uns sicherer oder glücklicher oder einflussreich zu machen.


Diese Nüsse am Boden schauen uns an, und sie sind der wahre und einzige Aladin, sie besitzen die Komplexität des Kosmos und die Zugänglichkeit des Guten. Ich hatte vergessen Ihnen zu sagen, dass im Inneren jeder dieser Bronzeschalen ein echter Same eingeschlossen ist.

Chus Martínez

Pressetext in Englisch 

This edition of KölnSkulptur #9 is a special one since the park commemorates its 20th birthday. Under the title La Fin de Babylon. Mich wundert, dass ich so fröhlich bin! this edition has been curated by Chus Martínez. Eight new specific works have been produced. Following the opening, a catalogue will be published.


Do you remember the “Tales of A Thousand and One nights”? When Antoine Galland translated them into French from Arabic at the beginning of the eighteenth century, they transformed the imagination of the time. The night of the May 8, 1709, Antoine Galland made a note in his diary about an extraordinary tale the Syrian merchant Hanna Diyab had just told him: “Aladdin and the Wonderful Lamp.” That night in Paris was a dramatic one, marked by riots over food shortages. Diyab arrived in the French capital during this period and turned some of the dark nights into true storytelling sessions that changed the course of a “A Thousand and One Nights”; the tales he told were added to the translation and became world heritage through literature.

It would not be accurate to say that the commissioned works for this edition of Skulpturenpark Köln are like those tales, but the park is the perfect grounds to be inhabited by the forces of fiction. Like the character Scheherazade, the wise young woman who tells a story every night to the Sultan in order to survive, Skulpturenpark Köln is a continuous voice that recalls the possibilities we still have to survive, and it does so with art. Expect a park full of jinn (geniuses, spirits). The artworks are not magic, though they all share the idea that sensation is what fuels a new imagination of the world we live in. They all want to animate the nonhuman—nature, metal, wood, earth—and bear witness to a common territory between us and animals, plants and geological life. Though the exercise of merging the realms of the human and the nonhuman is not a metaphorical one. It is oriented towards a reflection on the inhuman, on cruelty and all the means we have to avoid it.

Search for nuts, for animals, for forms merging with the ground, for plants of the desert living in the green, for the marks of wanderers embracing the trees… Rub the park as if it were Aladdin’s magic lamp and become the jinni, the one who is able to face the survival wars that are transforming our world.

The Skulpturenpark Köln is not monumental in scale, and yet it is of enormous importance. Over the last two decades, the park has been the place, the site, and the home of sculptures created for it, for you. The title of this year’s edition of Skulpturenpark Köln—La Fin de Babylone—relates to the dream of a new beginning for culture, and therefore for society. There is no such a thing, and yet there is. On the one hand, we have the life we have, our circumstances are hard to change, our possibilities hard to manifest. And there are times when we believe the past was a better place, and others when we see the time we live in as full of possibility, openness. What determines the difference between these two perceptions is the way we feel our relative importance. Oh! You may say it is economy, but even if the economy thrives, there is no guarantee that it provides a social environment in which we feel relevant to others, influential to our community, able to celebrate and partake in the current course of events… Here, I propose a total exaggeration: to imagine that the production of these eight, new site-specific works join the already existing ones in the parcours is key to the beginning of a new world. What I ask of you is not only to walk through the park and discover the different works but to also see their existence as the wonder that may affect the world order. This is out of proportion, because so is art.

And thus the second part of the title: Mich wundert, dass ich so fröhlich bin! This sentence, full of healthy humor, relates not to us but to the effort art makes to be great every time it happens. It is art and artists that produce under the assumption that it is really worth it to intervene, and add to the park not as if it is a piece of land but the whole world. This needed “exaggeration” is what motivates a thinking about the possibility of influence, which is both simple and complex.

This may be the reason why the different pieces that comprise this edition are rather unmonumental. They already embody an enormous ambition to affect the real, to touch us in such a way that every bit of skepticism of and cynicism towards the importance of art might be erased. And once liberated from the burden of doubt, we will all experience a new joy.

Solange Pessoa’s sculptures are often made from soapstone. It is a metamorphical material, open to the weather, to the rain, to the sun, to the winds… To say soapstone is to say carving, since the matter is able to take control of the hand, the will to discover a form in it. Arriving from Belo Horizonte, Brazil, these new pieces add something ancient and delicate to the geology of old Europe. Abundant in Brazil, soapstone carries with it its colonial use as pavement but also its artisanal celebration in thousands of objects we may find in the markets. Their texture surely represents the biggest contrast to that of our mid-European nature. And yet, so close to the Rhine, it can be imagined that these abstract forms were shaped by nature, carved by streams. In other words, there is something antimodern in the softness and the whiteness and the formlessness of the work of Solange that refers to a sculptural tradition in materials that is literally of another lineage, another origin far away from ours. They give us the impression of having been submerged and discovered after the water has left us…

Close by, our eyes will need to search for a group of walnuts. Walnuts! They have an effect contrary to Solange’s stones: they truly belong here. It may be the reason why they are now in bronze. Eduardo Navarro has placed them here as if he would place a statue of a father of the nation on his horse. They are a monument to the trees or to the squirrels but also to us, a new way to celebrate new landmarks of the relationship between humans and nature. But I cannot help but think about a quote in a movie, “Cluny Brown” (1946) by Ernst Lubitsch:

“Nobody can tell you where your place is. Where is my place? Where is anybody’s place? I’ll tell you where it is. Wherever you’re happy, that’s your place. And happiness is a matter of purely personal adjustment to your environment. You’re the sole judge. In Hyde Park, for instance. Some people like to feed nuts to the squirrels. But if it makes you happy to feed squirrels to the nuts, who am I to say nuts to the squirrels?”

But look, there are more nuts in the park! Not far from Eduardo’s piece you will find a fox. “Thaealab” means fox in Arabic. It is the work, also in bronze, by Lin  May Saeed. There is no point in recalling here the importance of the fox. The animal has been inhabiting the forests and the fictions of culture for centuries and represents both nature and wisdom, danger and a challenge to the coexistence of humans and nature. Like escaping from a low relief, this figure found a new life in the park, adding to it a rare dimension in urban nature. He reminds us that we are in the city, but he is also there to urge us to forget about it. 


Actually, he may be talking to a wanderer, and not to a visitor. Some trees around the park are wearing a sort of a box. These intriguing narrow containers—created by Jan Kiefer—are hold by straps to the trees as if they belong there. They have a function. They contain schnapps, a liquor. Apparently, in some of the alpine routes in the high mountains of Switzerland one can find similar boxes that provide the liquor to those along the way. Independently of the benefits of alcohol in high altitudes, these are landmarks to the bonds between wanderers. Never should a bottle be empty, never a glass dirty… They are stations of friendship, connecting those who pass by with all the others, creating a group. Different from the likes and the emojis, these boxes physically mark the effort the mountains demand. But here, they introduce something wild, they want us to forget the mildness of this piece of land near the Rhine and imagine the river in the mountains…

Now wanderers and not visitors, we can become pioneers and face the cactus of Claudia Comte. They are perfect, like taken from a Western. Their green color in the desert contrasts with the arid color of the thirsty earth. Emerging in marble from the green grass of the park, they seem reassured that they do not need to cumulate water. The works of Claudia introduce a note of pop culture in the parcours. If Jan Kiefer’s piece introduced altitude, Claudia’s works offer an “inside” in the outside. Their materiality, as well as their scale and possession of form, remind us for a second that we may be inside, that we are in an art institution. The walls may have flown away, and grass may have grown on the pavement, but this is as much of a gallery or a museum as any of the buildings we have created to hold our patrimonies, collections, and temporary interpretations of art by artist.
The same is true of Pedro Wirz’s sunny-side up eggs; they have something irreverent that belongs to the way art often interacts with the institution. Don’t get me wrong: I do not believe for a second these works propose a critique of the park or signal a sense of institutional absence. On the contrary, they actually stress the fundamental transition that our institutional life is facing, the introduction of new values, new ideas of experience, a coexistence with nature and gender and race that is molding our cultural contexts, and which will become even more visible in the years to come.

The park is a classic site, we are told in the face of a gigantic and friendly slug, who emerges from a slope to join the party. Teresa Solar’s piece is probably the one that embraces formlessness the most, posing a problem of scale to all other organic forms. It is almost as big as a tree. Close by is a bowl made of colored concrete for birds to drink from conceived by Andrea Büttner.

This play on scale, on figure, on organic life, is different from a modern approach to sculpture in public space. All proposals have a very human and animal scale. What unites all the works is their acknowledgement that they cannot bear a position of power inside culture. They are tamed by the embodiment of an idea of experience and emotion that introduces new parameters to the expectations we have for culture. Never in history as in the last few decades have we invested in more in cultural institutions and structures, but this infrastructural effort has diminished our expectations for art, artists, culture in all its forms to help us find ways to reintroduce virtue in our social life. Virtues are not morals and are also different from values, a notion the industry and bureaucrats use too often to name the need for more norms. But nothing is going to fall upon us, like a jinni, to make us safer or happier or influential. Those nuts on the ground are looking at us, and they are the true and only Aladdin, possessing the complexity of the cosmos and the accessibility of goodness. I forgot to tell you, inside each of these bronze shells there is a true seed.



Service und Links

LA FIN DE BABYLONE - Mich wundert, dass ich so fröhlich bin!
20. Jahre SKULPTURENPARK KÖLN
bis Juni 2019
 

Stiftung Skulpturenpark Köln - Elsa-Brändström-Straße 9 - 50668 Köln - Tel 0221 3366 8860 - info@skulpturenparkkoeln.de

- die Website des Köner Skulpturenparks, hier
- der Paukenschlag 2006: Sammlung Stoffel geht nach München, Georg Imdahl für den Kölner Stadtanzeiger, hier
- 2012, die Fortsetzung des Dramas um die Stoffel-Sammlung, Christian Deppe für die Kölnische Rundschau hier

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